Premium- und Vintage-Kerzen kommen jetzt besonders gut an
Kempen – Thomas Engels hat seine Nische gefunden. «Das ist Luxus», sagt der 55-Jährige und zeigt auf rote Stumpenkerzen, die kopfüber in einem Spezialofen stecken. Vier Stunden dauert die Wärmebehandlung, bis der letzte Sauerstoff aus dem Paraffin entwichen ist.
«Solche Kerzen sind schwerer und brennen deshalb lange», erklärt Engels, der eine Kerzenmanufaktur in Kempen am Niederrhein – in dritter Generation führt.
Vintage-Look und Kerzen im Glas
Für die gesamte Branche hat Stefan Thomann, der Geschäftsführer der European Candle Association, vor allem zwei Trends ausgemacht: sogenannte Rustikstumpenkerzen, die gegossen werden und nicht gepresst und gefärbt und deshalb nicht glatt sind, sondern einen rauen Vintage-Look haben. Und Kerzen im Glas, die mehr Freiheit beim Design bieten.
Was aber auch sie alle nach Thomanns Erfahrung nicht leisten können: Männer dazu bewegen, sie zu kaufen. «Sie sehen quasi keine Männer Kerzen kaufen», sagt er. Über 90 Prozent der Käufer seien Frauen. Zwar versuchten es die Hersteller immer mal wieder mit speziellen Angeboten, Kerzen mit dem Geruch von frisch gemähtem Gras zum Beispiel. Trotzdem: Männer kauften allenfalls im Auftrag ihrer Frauen oder als Geschenk. «Die haben dafür in der Regel keinen Sinn», sagt Thomann.
«Wer in Deutschland produziert, muss entweder Massenware herstellen oder sehr hochwertige Produkte», sagt auch Kerzentüftler Engels. Er liefert seine Premiumkerzen an Firmenkunden aus der Mode- und Parfümbranche oder Möbelhäuser, verkauft sie aber auch unter dem eigenen Namen.
Das Lifestyleprodukt Kerze wird für die Firma immer wichtiger – mit viel Handarbeit gefertigt und entsprechend teuer. Diese Kerzen werden in Detailarbeit verziert, Dochte noch mit einer Schere gekürzt.
Duftkerzen und Adventsklassiker
Derzeit sind besonders Duftkerzen gefragt. «Früher haben wir rund 340 Tonnen Wachs zu Duftkerzen verarbeitet, jetzt sind es 400 Tonnen – Tendenz steigend», sagt der Firmenchef. Lieferbar sind Engels-Kerzen auch mit Holzdocht, der knistert wie ein Kamin. Passend zur Weihnachtszeit werden Kerzen in Form eines Tannenzapfens gegossen. Es gibt aber auch Mops, Gartenzwerg oder Hirschkopf als Kerzen.
Doch Traditionelles bleibt ebenfalls gefragt. «Die rote Adventskranzkerze ist immer noch sehr gebräuchlich», sagt Verbandschef Thomann. Beliebt seien auch immer noch der klassische Adventskranz oder Gestecke. Ob es gut oder schlecht läuft in der Branche, hänge aber vor allem auch am Wetter im Oktober und November. Schmuddelwetter ist Kerzenwetter. Gefühlter Sommer bis in den November hinein dagegen nicht. «Das merken Sie sofort», sagt Thomann. «2018 war ein ziemlich mieses Jahr für die Kerzenbranche.» Und auch dieses Jahr werde wohl nicht so viel besser. Die Lager der Händler seien noch voll mit nicht verkaufter Ware aus dem Vorjahr.
Fotocredits: Roland Weihrauch,Roland Weihrauch,Roland Weihrauch,Roland Weihrauch
(dpa)